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Gipsausstellung

Aus dem Kriegstagebuch von Fritz Reinboth (6): 02. Juni 1915 – 19. Juni 1915


Die Veröffentlichung des Kriegstagebuchs von Friedrich Ernst Reinboth (1891 – 1918) in den “Walkenrieder Nachrichten” wird heute mit dem sechsten von insgesamt zehn Teilen fortgesetzt. Alle wichtigen Informationen zu dieser Artikelserie finden sich hier im ersten Teil.

Kriegstagebuch Friedrich Reinboth

Eines der drei Kriegstagebücher der Marke „Ekeha“, die von Fritz Reinboth zwischen 1914 und 1917 geführt wurden.

 


02. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Furchtbares Artilleriefeuer. Eine Granate schlägt direkt in einen Unterstand neben uns, während dem Unteroffizier Meyer ausgetreten ist, ohne zu explodieren, gerade auf eine Lagerstätte. Die 2 anderen, die noch mit darin schliefen, werden verschüttet und leicht verletzt. Die weiteren Granaten wühlen die Erde vor und hinter uns auf, dass schwarzer Dreck und Qualm haushoch fliegen und die Sprengstücke bis in unseren Unterstand rein schwirren. Der Graben ist, da alles Sand, teilweise eingerutscht. In der Wiese hinter uns war ein Granatloch neben dem anderen. Sie war arg zerwühlt. Nachts auf Schleichpatrouille zum Anzünden eines Gehölzes. Beim Zurückkommen bekommen wir aus dem eigenen Graben Feuer.

03. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Als Ablösung bei den Handpferden.

An diesem Tag: Deutsche und österreichisch-ungarische Truppen erobern die russisch besetzte polnische Stadt Przemyśl zurück.

04. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Nachts wieder Marsch in den Schützengraben, bei Leutnant von Münchhausen. Am Tage Angreifen der Russen, die sich bis 1200 m Entfernung in den Wiesen und Buschwäldchen rangearbeitet haben. Sie kommen heran bis 300 resp. 100 m ohne sich um unser Feuer zu kehren.

An diesem Tag: Die türkische Regierung gibt die Niederschlagung eines armenischen Aufstands bekannt, weist zugleich jedoch alle Vorwürfe von Verbrechen und Massenmorden an der armenischen Bevölkerung zurück.

Postkarte Offizierskasino

Vorderseite einer Postkarte, deren Motiv das Offizierskasino der Hessen-Homburg-Husaren zeigt, bei denen Fritz Reinboth diente. Die (unbeschriebene) Postkarte fand sich im Nachlass seines Bruders Walther Hans.

 

05. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Die Nacht vom 5. zum 6. Juni 1915 war dermassen, dass sie jedem in Erinnerung bleibt von unserem Regt. Unter heftigem Artilleriefeuer bestreichen sie fortwährend unseren Grabenrand mit Maschinengewehrfeuer und auch teilweise von der Flanke. Die Russen waren so nahe rangekommen, dass wir schon das Mündungsfeuer aufblitzen sahen. Wir schiessen, dass teilweise die Karabinerläufe glühen, bis Patronenmangel eintritt.

Der Reservist Vogel wird mit dem Rekruten Schröder zurückgeschickt und kommt nicht wieder, während der Rekrut durch einen Rückenschuss verwundet wurde und liegen blieb. Um 3 Uhr flaut der Angriff der Russen ab. Wir werden durch Gardeschützen abgelöst; was die Russen durch lebhaftes Befeuern des Grabens verhindern wollten.

Durch Fortschaffen des Rekruten Schröder kommen 5 Mann von den Schützen ab. Dieselben bekommen auf der Strasse, welche von den Russen durch schweres Artilleriefeuer bestrichen wird, einen Volltreffer, wobei Unteroffizier Krause und ein Cheauleger [bei einem Chevauleger handelt es sich um eine leichten Kavallerieeinheit] zerrissen, Eichenberg, Preiss, Lonert schwer verwundet werden. Wir erreichen die Handpferde.

06. Juni 1915 (Ort: am Fluss Dubysa)

Mittags 12 Uhr Abmarsch der ganzen Division. Abends mit Sergt. Meder nach Szawle auf Patrouille. Wir sollten versuchen links- oder rechtsseits der Dubissa bis nach Szawle zu gelangen, was jedoch die Russen durch scharfes Artilleriefeuer und Infanteriefeuer verhinderten, sowie wir uns blicken liessen. Die Nacht verbringen wir hinter unserer Infanterielinie. Tolle und Trews stürzen mit ihren Pferden beim Überschreiten eines Steges in die Dubissa. Nachdem wir mühevoll die Pferde an dem steilen Ufer herausgezogen, Quartier.

Am anderen Morgen Abreiten der eigenen Front. Wir können einmal die Wirkung unserer schweren Artillerie beobachten, welche fast bei jedem Schuss einen Volltreffer in die russischen Schützengräben hat. Wir beobachten, wie die Russen scharenweise die Gräben verlassen, aber sowie sie an den Waldrand kommen, wahrscheinlich durch Offiziere gezwungen, gehen sie wieder vor und besetzen den Graben. Unsere Jäger pürschen sich geschickt an die Gräben heran und verjagen die Russen. Abends Quartier in Juskajzie. Wachtmeister v. Urff leistet uns am Abend mit seiner Patrouille Gesellschaft.

Am anderen Morgen Abreiten des Schlachtfeldes, wobei wir die Wirkung unserer Artilleriegeschosse durch die unzähligen Toten beobachten konnten. Haufenweise lagen die Russen in den Gräben, alles war verlassen – Munition, Waffen usw. Abends wieder Eintreffen bei der Eskadron, nachdem wir uns wieder mit Nahrungsmitteln versehen, mit Sergt. Meder als Verbindungsreiter bei den Dragonern.

Übernachten bei Brigadestab.

08. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Vorrücken der ganzen Brigade. Wir als Bedeckung der Maschinengewehre.

09. Juni 1915 (Orte: Budraici, Cytowiany)

Quartier in Podubis. Am anderen Morgen, nachdem wir nochmals in Cytowiany waren. Als Spitze bekommen wir Feuer aus einer Waldecke, nachdem wir die Pferde in Deckung gebracht, zu Fuss den Wald durchschritten. Da wir nichts fanden, zurück nach dem Dorfe. Nach Aussagen eines Einwohners befanden sich schon mehrere Tage starke Kosakenpatroullien von 70 Mann dort, welche ihre Pferde im Walde liessen und in die Dörfer kamen, um zu requirieren. Abends mit Wachtmeister Urff auf Klebepatrouille.

Nachts Unterkunft in Budrajzie, bei einer bayerischen Feldwache. Früh um 10 Uhr werden wir durch Infanteriefeuer aus dem Schlafe gestört. Mit der bayerischen Patrouille zurück. Der Rittmeister befiehlt uns, das Dorf sofort wieder zu besetzten. Wir verlassen die Bayern und reiten in das nächste Dorf Bieoojonajzie und besetzten dasselbe am Eingange. Auf die Windmühle setzen wir einen Posten. Nach 20 Minuten haben die Kosaken das Dorf von der anderen Seite besetzt. Doch wir schlagen den Angriff zurück und entwischen. Ich reite mit Meldung zurück an unseren Brigadestab, welcher in Cytowiany im Schloss im Quartier lag.

Reiterzeichnung

Von Fritz Reinboth angefertigte Zeichnung eines Husaren im Kampf.

 

11. Juni 1915 (Ort: Cytowiany)

Quartier in Cytowiany. Ich bleibe bei den Handpferden. Eskadron im Schützengraben.

12., 13. & 14. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Bein Brigadestab als Stabswache.

15. & 16. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Beim Rittmeister beim Regimentsstab.

17. Juni 1915 (Ort: Szydłów)

Früh Abrücken der gesamten Eskadron um ½ 4 Uhr, nach Twibiuki. Ich werde als Verbindungsreiter über Pokopie nach Szuki über Vorwerk Nonanzie gesandt, um die Verbindung mit der bayerischen Chevauleger-Eskadron und III. Bataillon Inf.R.d.R. 59 aufzunehmen. Beim Rückmarsch mit der Lanze zwischen die Gänseherden und eine Gans geschlachtet und am Pferde mitgenommen. Beim Eintreffen bei unserem Zuge haben die auch noch ein kleines Schwein geschlachtet, was uns nach den Strapazen sehr gut bekam. In der Nacht vom 17. zum 18. früh ½ 1 Uhr Abrücken, nachdem wir durch die Bayern abgelöst sind, über Oytowiany nach Schidlowo.

Dort besetzen wir einen Schützengraben welcher von dem I.R. 254 grossartig ausgebaut ist. In der Nacht vom 17. zum 18. Früh ½ Uhr Abrücken, nachdem wir am 18. durch Bayern abgelöst sind, über Citowyany nach Schildlowo. Dort Besetzen des Schützengrabens.

An diesem Tag: Das dänische Parlament bekräftigt die Neutralität des Landes. Die weitgehend dänisch geprägten Bewohner von Nordschleswig – bis 1920 zu Preußen gehörig – müssen aber auf deutscher Seite am Krieg teilnehmen.

19. Juni 1915 (Ort: unbekannt)

Gefangennahme eines Russen aus einem Kornfelde als Horchposten. Warkole.

An diesem Tag: Die Leipziger Volkszeitung veröffentlicht ein Manifest der SPD-Politiker Eduard Bernstein, Karl Kautsky und Hugo Haase, die ihre Parteifreunde auffordern, die Unterstützung des Krieges aufzugeben.


Flohburg

Im städtischen Museum FLOHBURG in Nordhausen wurden Fritz Reinboths Kriegstagebücher sowie weitere Dokumente aus seinem Nachlass im Rahmen einer Sonderausstellung zum I. Weltkrieg vom 1. August bis zum 26. Oktober 2014 gezeigt.

Über Christian Reinboth

http://www.christian-reinboth.de

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