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Gipsausstellung

Modell der Klosterkirche birgt noch einige Geheimnisse


Zahlreiche Besucher aus Walkenried und Umgebung wollten sich am letzten Mittwoch über das Modell der Walkenrieder Klosterkirche und dessen Geschichte informieren. In seinem gut besuchten Vortrag schlug Michael Reinboth vom Geschichtsverein einen Bogen vom Modell zum Original und ging dabei auch auf die Jubiläumsfeier des Jahres 1927 in Walkenried ein.

Zu diesem Zweck wurde das Modell, soviel steht einwandfrei fest, entworfen und gebaut. Der Entwurf stammt sehr wahrscheinlich vom damaligen Walkenrieder Maurermeister Friedrich Pfeiffer, der sich zeitlebens intensiv mit dem Kloster beschäftigt hat, sich aber leider mit anderen Heimatforschern wie Karl Waßmann nicht gut vertrug. Trauriges Ergebnis: Über das Modell ist wenig überliefert… Nachdem es im Festumzug mitgeführt wurde, kam es ins Kloster und wurde dort über Jahrzehnte im Brunnenhaus und Brüdersaal als Anschauungsobjekt genutzt. Nun hat es das ZisterzienserMuseum Kloster Walkenried dem Geschichtsverein als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Irgendwann vor 1979 wurde das Modell überarbeitet und neu gestrichen. Auch über diese Arbeiten ist nichts überliefert.

Das nun selbst schon fast 100 Jahre alte Modell stellt die Klosterkirche in ihrem letzten Bauzustand vor der Zerstörung 1525, also mit dem Polygon des „Hohen Chors“ dar. Letzterer war ein untauglicher Versuch der Mönche, den Ostteil der Kirche zu stabilisieren. Ursache der – völlig unabhängig von den Bauern eintretenden – Baufälligkeit war die Verwendung von Gipsmörtel in der Nähe der Wieda, was zu Auslaugungen und Senkungen führte. Ohne gründliche Sanierung der Fundamente wäre die Klosterkirche also nicht zu retten gewesen, und nach 1525 fehlten dem Konvent aufgrund massiver Personal- und Geldverluste infolge der Reformation jedwede Mittel hierfür. Um 1570 wurde die Kirche endgültig aufgegeben.

Reinboth zeigte, dass sich zu allen Zeiten Menschen mit der Frage beschäftigt haben, wie denn die Kirche nun wirklich ausgesehen hat. Er ging dabei auch auf den Superlativ „größte damalige Kirche im norddeutschen Raum“ ein, der, wenn überhaupt, nur für recht kurze Zeit zutraf. Wer sich ein Bild von den Dimensionen der Kirche machen will, kann dies am ehesten anhand der etwas kleineren Klosterkirche in Riddagshausen und – unter Wegdenken der Türme – am nahezu gleich großen Dom in Halberstadt tun. Welche Wirkung eine derart große Kirche – sie war immerhin über 90 Meter lang und mit Dach rund 30 Meter hoch – über den Häusern des Unterklosters noch heute ausüben würde, ist gleichwohl nur mit etwas Phantasie vorstellbar. Der Referent zeigte am Beispiel der intakten Klosteranlage von Bronnbach an der Tauber, was aus Walkenried hätte werden können, denn dort führten glücklichere Umstände und andere Bodenverhältnisse trotz Bauernkrieg und Glaubenswirren zum Erhalt der ganzen Anlage. Er ging auch auf den Umstand ein, dass die Zisterzienser keinerlei Bedenken hatten, ihre noch fast neue romanische Klosteranlage nach nicht einmal 100 Jahren komplett abzutragen und durch einen Neubau im gotischen Stil zu ersetzen (der freilich damals noch nicht so hieß). Die „Lust am Bauen“ und der Bedarf durch enormes Wachstum des Konvents waren hierfür ausschlaggebend.

Im Anschluss an den Vortrag konnten die Besucher sich vom guten Zustand des Modells überzeugen. Dieses kann nun zusammen mit dem Gesamtmodell der Anlage und dem „Walkenrieder Altar“ jeden Dienstag und Mittwoch von 15 bis 17 Uhr in der alten Grundschule am Geiersberg betrachtet werden.

Klosterkirche

Dieses Gemälde aus dem von Karl Helbing erstellten Rosenblath-Zyklus zeigt die Ruinen der Walkenrieder Klosterkirche. Insbesondere der hier abgebildete Hohe Chor war eines der beliebtesten Motive der Künstler der „Walkenrieder Malerkolonie“.

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