Im Rahmen der Jahreshauptversammlung des Vereins „Wir Walkenrieder“ e.V. sollte, ausgehend von einem Statement des Vorsitzenden Michael Reinboth, über die Möglichkeiten diskutiert werden, unter den obwaltenden restriktiven finanziellen Rahmenbedingungen die Zukunft des Klosterortes zu gestalten. Inzwischen hat sich die Situation schlagartig verändert. Die Bekämpfung des Corona-Virus zwingt zur weitgehenden Stilllegung des öffentlichen Lebens und trifft die örtliche wie die überregionale Wirtschaft ins Mark. Dem fallen Veranstaltungen wie die Hauptversammlung zum Opfer. Verglichen mit dem, was uns nach der hoffentlich bald möglichen Eindämmung oder gar Überwindung des Virus erwartet, sind dies freilich Kleinigkeiten. Der Niedergang der Wirtschaft wird zu einschneidenden Maßnahmen zwingen – und die wiederum bergen für eine Kommune wie Walkenried durchaus Chancen. Denn es ist davon auszugehen, dass im Zuge der Ankurbelung der Wirtschaft durch staatliche Nachfrage die „schwarze Null“ für einige Zeit an die Seite geschoben wird, um so schnell wie möglich Arbeit zu schaffen.
Nachhaltige Projekte anmelden und umsetzen
Schon vor der Corona-Krise hatten sich die „Walkenrieder“ Gedanken darüber gemacht, mit welchen zielorientierten Projekten die Zukunft Walkenrieds gestaltet werden könnte. Einigkeit besteht darüber, dass man Schwerpunkte setzen muss, die da lauten: Wohngemeinde für Pendlerfamilien, angenehmer Altersruhesitz und beliebter Urlaubsort bei Erhalt der vorhandenen Arbeitsplätze in der Industrie und im Handwerk und der hierfür nötigen Infrastruktur (Kindertagesstätte, Schule mit Hort, Ärzte, Apotheke, Einkaufsmöglichkeiten und Gastronomie). Inzwischen sind die Zukunft des Freizeitzentrums und die Gestaltung des Geiersberges hinzugekommen.
Fast alle Themen standen und stehen bis heute unter dem Postulat der Finanzierbarkeit. Es gibt zwar einige Förderprogramme, die Projektumsetzung scheitert jedoch regelmäßig an enormen administrativen Hürden, einem geradezu irrwitzigen Dokumentationsaufwand, einer überbordenden, wenngleich viele Leute in zentralen Orten ernährenden Bürokratie und vor allem daran, dass die Kommune ihren Eigenanteil nicht aufbringen kann. Deswegen scheitern wohlgemeinte Initiativen wie der Beachvolleyballplatz, andere wie der dringend erforderliche Klosterpfad werden immer wieder hinausgeschoben. Mit seinen bescheidenen Eigenmitteln kann der Dorfverein nur Kleinigkeiten anpacken, die zwar klare Signale aussenden wie der Priorteich, die Wanderwege, die Dorfplätze, aber eben doch nur weiße Salbe auf großen Wunden bedeuten.
Schuld an der Misere sind letztlich eine völlig fehlgeleitete Finanzpolitik, die den Kommunen keine Luft mehr zum Atmen lässt und dafür sorgt, dass auch die letzten Geldquellen in den Wolken der Globalisierung entschwinden und der seit Jahren anhaltende Druck zur Reduzierung der öffentlichen Infrastruktur, verbunden mit dem Verlust von nahezu allen öffentlichen Arbeitsplätzen.
Geldtöpfe werden bereitgestellt werden – man muss sich jetzt darauf vorbereiten
Nach der Corona-Krise wird alles getan werden müssen, um rasch wieder Arbeit zu schaffen. Die Betonung liegt hierbei auf „rasch“. Die Dimensionen, in denen Arbeitsplätze durch das Virus vernichtet werden, scheinen inzwischen sogar vielen Politikern zu dämmern, die, um Schlimmeres zu verhindern, schon jetzt mit Milliarden winken: Land, Bund, EU wollen Gelder bereitstellen, um Pleiten zu verhindern oder um wieder Arbeit zu schaffen. Manche heute unüberwindbare Hürde dürfte dann keine Rolle mehr spielen. Nur: Sinn muss es trotzdem machen, die Maßnahmen sollten nach Möglichkeit nicht verpuffen, sondern wirklich etwas bringen, also nachhaltig sein.
Davon gibt es in Walkenried eine ganze Menge:
- Die Sanierung der völlig heruntergewirtschafteten Karl-Genzel-Straße
- Die nachhaltige Gestaltung des ehemaligen Kurparks auf dem Geiersberg, der infolge wenig sachgemäßer Pflegearbeiten nun quasi den Rest bekommen hat, inklusive Kiosk und Minigolfanlage
- Die Sanierung des Freizeitzentrums im Sinne eines wirklichen „Dorfgemeinschaftshauses“. Der Grundgedanke ist ja immer noch richtig, hat aber infolge unterbliebener Instandhaltung und wenig überlegter Tagungspolitik gelitten.
- Der Neubau eines Feuerwehrhauses, verbunden mit der Schaffung einer Lösung für das dann überzählige heutige Gebäude mitten im Unterkloster
- Die Wiederbelebung bzw. Nachnutzung des Veolia-Geländes (vergessen wir nicht: Die Kreisverwaltung hat Veolia ja quasi noch dafür belohnt, dass die Arbeitsplätze von Walkenried wegverlagert wurden…)
- Die Sanierung der Anlagen am Priorteich, verbunden mit einem nachhaltigen Nutzungskonzept
- Die Schaffung der „Klosterpfade“, um Gäste in die Ortsmitte zu ziehen und für die Umgebung mit den Klosterteichen zu begeistern
- Die attraktive Gestaltung des Spielplatzes am Geiersberg
- Die Beseitigung der Ruine der Güterabfertigung, um Wanderer und ankommende Reisende nicht über Gebühr abzuschrecken
Hinzu kommen finanzielle Anreize für private Investoren – auch nach Ende der Krise wird es sie noch geben. Stichworte sind hier: Torbogen, Hospital, Klosterbrennerei. Wir müssen alles daransetzen, das Unterkloster und den Bereich Bahnhofstraße – Harzstraße attraktiver zu machen. Auch der Campingplatz verdient Aufmerksamkeit. Er muss sein heutiges Niveau halten können.
Es muss Schluss sein mit der völlig unterschiedlichen Behandlung von Stadt und Land. Das schließt die öffentliche Infrastruktur mit Bahn, Bus und Post ein. Sie muss nach Ende der Krise gestärkt werden. Gegen eine weitere Schwächung aus durchsichtigen Gründen („brauchen das Geld jetzt woanders“) müssen wir uns wenden. Auch mit der übermäßigen Belastung der Landbevölkerung (Stichwort Straßenbenutzungsgebühr) muss endlich aufgehört werden.
Schließlich der Tourismus: Gut möglich, dass eine „neue Bescheidenheit“ einzieht. Sie müsste es eigentlich, wenn man die richtigen Schlüsse aus der Entstehung und Verbreitung der Corona-Krise zieht. Muss es denn immer Ischgl sein? Oder die Malediven oder die Karibik? Unser Harz hat viel zu bieten. Vielleicht entschließen sich ja wieder mehr Leute für einen Urlaub im Inland – dann müssen hier in Walkenried die Weichen aber schon gestellt sein.
Alle vorstehenden Punkte haben übrigens mit der Debatte um eine Fusion nichts zu tun. Sie sind sinnvoll für den Ort Walkenried, der weiterleben soll, alleine oder fusioniert.
Anstelle einer Diskussion in einer Hauptversammlung werden diese Thesen und Ideen hiermit allgemein zur Diskussion gestellt. Was auch immer wir tun: Wir müssen zur Stelle sein, wenn sich die Geldhähne öffnen.
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