Norbert Südhoff, Erbauer des wunderschönen Modells der früheren „Walkenrieder Gipsfabrik“, konnte sich wie die Verantwortlichen des Vereins für Heimatgeschichte über einen ausgezeichneten Besuch seines Vortrages freuen, denn knapp 50 Besucher folgten seinen Ausführungen über die Geschichte der Fabrik und die Entstehungsgeschichte des Modells, welches die Fabrik im Zustand der 1930er Jahre zeigt. Fritz Reinboth ergänzte seine Ausführungen noch mit Stichworten zur Lebensgeschichte des Fabrikgründers Albrecht Meier, während Eckhard Rode seine Erinnerungen an die Fabrik in Form von hervorragenden Gemälden präsentierte.
Da die Nachfrage nach einem Besuch des Modells weiterhin hoch ist, haben der Verein und Norbert Südhoff vereinbart, dass das Modell noch einige Wochen lang im Vereinshaus präsentiert wird. Immer Dienstags und Mittwochs von 15 bis 17 Uhr wird es den ganzen November über zu besichtigen sein. Andere Termine können mit Michael Reinboth (Telefon 05525 1550) ausgemacht werden. Auch zwei Gemälde von Eckhard Rode sind dann zu betrachten.
Die nahezu restlos verschwundene Fabrik und ihr Gründer schrieben ein gehöriges Stück Industriegeschichte am Harzrand. Meier entwickelte einen Schachtofen, mit dem er die Produktion von Gips revolutionierte, und erbaute drei Gebäude ausschließlich aus Gipsstein, darunter die bekannte, nach dem Folgebesitzer benannte „Villa Rode“. Leider wurde der letzte Schachtofen beim Abriss der Fabrik ohne Rücksicht auf denkmalgeschichtliche Belange vernichtet.
Die Fabrik schmiegte sich an den Rücken des Röseberges und passte gut in die Walkenrieder Landschaft. Auch die Ausbeutung der Walkenrieder Landschaft hielt sich in Grenzen, was man von den heutigen Werken und ihren Steinbrüchen nicht immer behaupten kann. Etliche Walkenrieder, die noch bei „Rode“ gearbeitet haben, frischten ihre Erinnerungen rund um das Modell auf und berichteten unter anderem von der Lehrlingstaufe, bei der ein Sack Gips über ihnen ausgeleert wurde. Auch über die verschiedenen dort hergestellten Gipssorten unter dem Markennamen „Komet“ tauschte man sich aus. Auf dem Diorama mit dargestellt ist auch der Gleisanschluss vom Bahnhof Walkenried her mit der Drehscheibe inmitten des Werksgeländes, und auch die frühere Feldbahn vom Steinbruch ins Werk mit ihren kleinen Drehtellern für die Loren kommt nicht zu kurz.
Und natürlich ist auch die Villa vertreten, diese allerdings im ursprünglichen Erbauungszustand mit der leicht roten Farbtönung. Die Dampflok ist mit ihren Güterwaggons allerdings inzwischen zum Bahnhof zurückgekehrt. Der auf dem Bild zu sehende mittlere Schornstein war der für die Dampfmaschine und verschwand mit dem Einzug der Elektrizität, ist uns jüngeren Walkenriedern also nicht mehr geläufig.
Für unsere kleine Artikelreihe “Walkenried in Gemälden” hier in den „Walkenrieder Nachrichten“ ist dieser Tage eine ganz besonders interessante Zusendung eingegangen: Familie Preissler aus Walkenried übersandte uns die unten zu sehende Zeichnung der Gipsfabrik Rode aus dem Jahr 1978 (entstanden also ein Jahr vor ihrem Abriss). Bemerkenswert an diesem Bild ist, dass (derzeit noch) niemand den Künstler kennt – die Zeichnung wurde auf einem Flohmarkt erstanden, aus der Signatur lassen sich Namen wie „Heyer“ oder „Freyer“ herauslesen. Eventuell weiß ja einer unserer Leserinnen und Leser, welchem Künstler oder welcher Künstlerin das Bild zuzuordnen ist – wir freuen uns über jeden Hinweis in den Kommentaren oder per E-Mail an christian.reinboth@gmx.de.
Der Verein für Heimatgeschichte führt seine Schriftenreihe weiter fort. Soeben ist – immerhin schon als Nummer 40 – die „Chronik der Gipsindustrie in Walkenried und Neuhof“ aus der Feder von Fritz Reinboth erschienen. Reinboth konnte hierbei auf Materialien des Vereinsarchivs, der Firma Formula sowie Reinhard Kohrs und Walther Reinboth senior zurückgreifen und hat auf rund 60 Seiten in knapper, aber reich bebildeter Form die Geschichte dieses für Walkenried und Neuhof wie für den gesamten Südharz prägenden Wirtschaftszweig nachgezeichnet.
Für 1705 findet sich ein erster Hinweis auf das Brechen und Brennen von Gips in Neuhof, für 1750 dann auch in Walkenried. Über handwerkliche Betriebsstrukturen und Familienbetriebe wie Albrecht Meier, später Fritz Rode, Burchard, Heinz und Erich Börgardts führte der Konzentrationsprozess zunächst zur Stilllegung mehrerer Werke und Zusammenführung aller Tätigkeiten auf der „Kutzhütte“ und dann zum Übergang dieses Betriebes an einen multinational agierenden Weltkonzern. Deutlich rückläufige Arbeitsplatzzahlen gehen dabei mit einer stetigen Ausweitung der Produktion mit immer neuen Steinbrüchen einher. Grundlage der Betriebe war, ist und bleibt – mit vielerlei durchaus negativen Begleiterscheinungen – der Südharzer Gips. Reinboth ist allen Spuren nachgegangen und dokumentiert den längst vergessenen Ewaldschen Gipsofen am Neuhofer Priesterstein ebenso wie die „Südharzer Baustoffwerke“ (die SÜBA) und weithin erfolglose Versuche, auch den Höllstein in einen Steinbruch zu verwandeln. Auch der „Culemeyer“ findet seinen Platz. So ist eine lebendige, nicht nur für ehemalige und heutige Mitarbeiter der Gipsindustrie lesenswerte Chronik entstanden, die zum Preis von 5,00 € im Vereinsarchiv, bei der Postagentur und in Veras Kiosk zu erwerben ist.
Die Dauerausstellung zum Thema Gips im Walkenrieder Vereinshaus erfreut sich nicht zuletzt dank einer guten Internet-Präsenz regen Interesses. Kürzlich erhielten wir Besuch aus Stöckey. Reinhardt Wagner, gebürtiger Klettenberger und mit dem dortigen Gipswerk der Firma Börgardts sehr vertraut, brachte uns einige Gegenstände und Dokumente. Herzlichen Dank dafür! Die Dokumente sind vor allem deswegen sehr interessant, weil sie die Zeit beleuchten, in der die Firma Börgardts in Klettenberg noch eigenständig aktiv war und es offensichtlich – trotz schon bestehender Grenze – auch noch Kontakte zum Werk auf der Kutzhütte gab.
Dieser Sack für Marmorgips wurde in Klettenberg verwendet. Interessant ist vor allem die Rückseite, denn sie zeigt noch das alte „Logo“ mit dem Zeppelin, zugleich aber auch schon – schwach erkennbar – das Kennzeichen der Vereinigung Südharzer Gipswerke in der späteren DDR.
Der Zeppelin ist gestochen scharf, es fehlen auch nicht die Motorgondeln.
Auch der Schriftwechsel aus der Zeit zwischen 1945 und 1950 ist beachtenswert.
Auftrag über die Lieferung von 3 Fass oder 10 Sack Marmorgips des Bremer Händlers Karl Fiebig an die Gipsfabrik Börgardts aus dem Jahr 1947.
Hier hat ein Geschäftspartner aus Bremen „3 Fass oder 10 Sack Marmorgips N“ in Klettenberg bestellt. „An Kutzhütte gegeben“ hat jemand mit Bleistift auf dem Auftragszettel vermerkt, auf welchem Klettenberg auch noch mit „C“ geschrieben steht. Von der Mangelwirtschaft damaliger Jahre zeugt ein anderes Stück Papier.