Im Rahmen der Ferienpass-Aktion 2015 hatte der Verein für Heimatgeschichte zu einer Wanderung zu den Geheimnissen des Himmelreichs eingeladen, der 12 Walkenrieder Kinder gefolgt sind. Nachdem es zunächst mit dem Zug durch den Tunnel nach Ellrich ging, wurden dort die Reste der alten Grenzanlagen aufgesucht. „Ein Oldie wie ich muss sich immer wieder klarmachen, dass die 8 bis 12 Jahre alten Kinder keinerlei Bezug zur früheren Zonengrenze haben. Aber umso wichtiger ist es, auch ihnen zu zeigen, was hier vor 25 Jahren einmal los war“ meint Michael Reinboth, der als Vorsitzender des Geschichtsvereins den Nachwuchs auf der Tour begleitete.
Immerhin wurde auf die Anmerkung „Hier wurde auch geschossen“ sofort gefragt: „Womit?“ Vielleicht mit einer Kalaschnikow? Die jedenfalls war vielen Teilnehmern durchaus ein Begriff… Weiter ging es zur Juliushütte, wo über den früheren Schulweg der dort wohnenden Kinder debattiert, aber auch an das frühere KZ erinnert wurde, und dann hinauf zu den Aussichtspunkten des Himmelreichs.
An der jüngst renovierten Tlusty-Hütte wurde eine verdiente Pause eingelegt, bevor es in einem großen Bogen zum Tunnel und zum Itelteich ging, wo das kleine Karstwunder des im Berg verschwindenden Wassers aufgesucht wurde. Viele Eltern werden auch Freude am Mitbringsel, dem recht staubigen „Himmelsmehl“ gehabt haben. Auch dieser Geschichte wurde auf den Grund gegangen.
Gegen Mittag wurden die im Gegensatz zu ihrem Begleiter keineswegs erschöpften Wanderer am Klosterparkplatz wieder der Obhut ihrer Eltern anvertraut. Laut Rückmeldung hat es allen Spaß gemacht – nur ein Teilnehmer äußerte sich etwas enttäuscht darüber, dass im Pontelteich doch keine große Lokomotive begraben liegt. Wenn er groß ist, will er dem Geschichtsverein mittels Tauchen das Gegenteil beweisen. Warten wir es ab!
… haben wir hier schon öfter vorgestellt. Heute kommen sie noch einmal in geballter Form, denn das Himmelreich lohnt zu jeder Jahreszeit einen Spaziergang. Der hier beschriebene Weg – Ausgangspunkt Klosterparkplatz – wurde dieses Mal in ziemlich genau 1 Stunde 45 Minuten zurückgelegt. Also, sagen wir, ein Spaziergang von rund zwei Stunden Länge. Neben der neuen „Hermann-Krieghoff-Bank“ gibt es unterwegs diverse andere Sitzgelegenheiten mit oder ohne Aussicht.
Unser zweitgrößter Teich (nach dem Priorteich), auf den man hier von der Aussicht an der „Tlusty-Hütte“ herabschaut, liegt gewissermaßen in einer Sackgasse und wird sein Wasser nur dadurch los, dass er es über zwei „Schwinden“ in das Gipsmassiv ableitet, aus dem es auf der anderen Seite am „Pontel“ wieder hervortritt. Da der Teich seine Zuflüsse weitgehend unterirdisch aus den Wieda-Schottern bezieht, findet hier ein Transfer von der Wieda zur Zorge statt, denn vom Pontel gelangt das Wasser an Ellrich vorüber in den anderen Harzfluss. Damit hätten wir Geheimnis Nummer 1. Im Hintergrund des Bildes der der Zerstörung anheimfallende Röseberg und ganz hinten der Staufenbüttel bei Steina. Sommerlich hell glänzen die Getreidefelder rund um den Kupferberg.
Weiter zum „Ellrichblick“. Dass es hier schön ist, fällt nicht unter die Geheimnisse des Himmelreichs. Oder, sagen wir, es ist ein offenes Geheimnis. Möge der liebe Gott verhindern, dass die Gipsindustrie jemals auch noch dieses Fleckchen Erde attackiert! In morgendlichem Gegenlicht leuchten uns die Nachbarstadt Ellrich und die Harzberge bei Ilfeld entgegen.
Geheimnisvoller wird es gleich um die Ecke. Was macht eine Vignoles-Schiene hier oben auf dem Berg? Sie markiert einen Vermessungspunkt zur Feststellung der Mitte des 268 Meter langen Walkenrieder Tunnels. Weiß angestrichen hat sie der Harzklub, damit man sie im Laub besser erkennt. Diese Schienenform hat der englische Ingenieur Charles Vignoles entwickelt, die zur Zeit der Entstehung der Eisenbahn verwendeten sahen noch ganz anders aus. Unter uns also verläuft er, der Tunnel, kurz, aber ebenfalls voller Geheimnisse.
Zuvor jedoch noch ein ganz anderes Wunder, nämlich das des „Himmelsmehls“. An dieser Stelle des Himmelreichs tritt der Gips in quasi verwitterter Form auf und verleitete mittelalterliche Walkenrieder dem Vernehmen nach dazu, ihn in Notzeiten zur Streckung eigener knapper Mehlvorräte zu verwenden. Mit sehr negativen Folgen, denn im Magen bindet der so vereinnahmte Gips wieder ab. Es soll Todesfälle gegeben haben, richtig bestätigt sind diese allerdings nicht. Die Fläche des „Himmelsmehls“ hat sich jüngst übrigens etwas ausgedehnt, es tritt offen am Hang liegend auf und nicht mehr nur rund um solche kleinen Höhlchen.
Steigen wir von hier zu dem einen noch vorhandenen Gleis ab, stehen wir vor dem schönen Portal des Walkenrieder Tunnels, zinnenbekrönt wie bei einer Burg. Das oft beschriebene „Licht am Ende des Tunnels“ können wir hier dank der Kürze desselben auch erkennen. Was man nicht sieht, ist die Tür auf der rechten Seite im letzten Drittel, die in die „Himmelreichhöhle“ hinein führt. Unser Walkenrieder Tunnel ist nämlich der einzige in Deutschland, der mitten durch eine Höhle hindurch geht. Diese wiederum hängt auch, aber nicht nur mit dem Verschwinden des Itelteich-Wassers zusammen. Um den Tunnel zu schützen, baute die Bahnverwaltung (zunächst die preußische, dann die alte Reichsbahn) noch etliche hundert Stollenmeter durch das Gebirgsmassiv. Mitgezählt? Dies wäre dann Geheimnis Nummer vier. Auf dem Rückweg kommen wir an den beiden „Schwindhöhlen“ übrigens vorbei. Angenehmer ist freilich der Blick auf den Teich selbst.
Also: Die Schuhe geschnürt und ab ins Himmelreich!