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Leserbriefe

Argumente der Fusionsgegner sind stichhaltig und verdienen gehört zu werden


(von Michael Reinboth)

Wer in diesen Tagen die Tagespresse im Südharz studiert, der muss zu dem Schluss kommen, dass die Gegner einer Fusion Bad Lauterberg – Walkenried (oder, richtiger formuliert, der Einverleibung von Walkenried, Wieda und Zorge durch Bad Lauterberg) von der Bildfläche verschwunden sind. Es kommen – trotz publizierter Pressemitteilungen und verteilter Flyer – nur Befürworter der Fusion zu Wort. Das ist sehr bedauerlich und widerspricht auch dem Ziel einer ausgewogenen und fairen Berichterstattung. Allerdings gibt es heute – in diesem Fall: Zum Glück! – auch andere Möglichkeiten der Information.

Die Fusionsgegner haben zum Beispiel dieser Tage an alle Haushalte in Walkenried, Wieda und Zorge einen Flyer verteilt, in dem sie auf die erheblichen Risiken der Fusion hinweisen, die Schwachstellen des so genannten Fusionsvertrages (der eher einer Unterwerfungserklärung entspricht und alles, aber auch alles in die Hände des Lauterberger Rates legt) aufzeigen und vor allem darlegen, dass jedwede Fusion ohne nachhaltige Verbesserung der kommunalen Einnahmen vergebliche Liebesmühe ist. Die Befürworter machen sich nicht einmal die Mühe, hierauf einzugehen. Das ist noch nachzuvollziehen. Das die freie Presse ebenso verfährt, ist allerdings ein Skandal.

Auch das Nichtauftreten vor der Kamera hat seinen Grund. Gefragt, ob man denn als Bürgerin oder Bürger, der sich gegen die Fusion äußert, im Rahmen der Veranstaltung Gelegenheit bekommt, auf das zu erwartende kollektive Niedermachen der Argumente entgegnen zu dürfen, wurde klipp und klar geantwortet: Nein! Bei einer derart einseitigen und als durchsichtiges politisches Manöver leicht zu enttarnenden Vorgehensweise muss man nicht mitmachen.

Leider wird auch nicht erwähnt, dass die Befürworterseite sich ihre Gegner auf dem Posium quasi „ausgesucht“ hat. Man hätte die Fusionsgegner ja auch bitten können, die Gesprächspartner für eine solche Runde zu benennen. Das hat man tunlichst unterlassen. Warum eigentlich? Ebenfalls unerwähnt bleibt das von vornherein geplante Missverhältnis von 6 zu 2 – 6 Amtsträger sollten auf 2 Bürgerinnen und Bürger munter einprügeln können. Demokratie sieht eigentlich anders aus – aber die wurde in Sachen Fusion schon immer mit Füßen getreten.

Aber sei’s drum. Der Flyer liefert erschöpfende und ausreichende Argumente, um diese Fusion allemal abzulehnen. Selbst wenn man Zusammenarbeit befürwortet und auch für notwendig erachtet, ist der vorliegende Vertrag eine Farce.

Damit nicht nur „Einheimische“ sich informieren können, stellen wir den Flyer hiermit auf unsere Seiten. Für die Gegenseite sorgt in herausragender Weise ja bereits der „HarzKurier“, der übrigens Leserbriefe der Fusionsgegner während der Hacker-Pause gar nicht erst entgegennahm. Er war – für den Normalbürger – schlicht nicht zu erreichen… Jetzt ist er es wieder, aber leider so einseitig wie eh und je. Es wäre schön, wenn die Befürworter des sounsovielten Zusammenschlusses im Südharz (noch keiner hat ansatzweise etwas gebracht) sich endlich einmal mit den dort aufgeworfenen Fragen beschäftigen würden, anstatt immer wieder dieselben, längst abgenutzten Argumente zu wiederholen.

Keiner, der auf dem Podium saß, hat sich in seiner zum Teil langwährenden politischen Karriere auch nur ansatzweise darum bemüht, die kommunale Finanzseite zu stärken. Von MdL Hausmann, gefühlt seit Jahrzehnten im Landtag, war diesbezüglich noch nie etwas zu hören. Stattdessen vergleicht er LaPeKa, unmittelbar an Osterode angrenzend und schon immer die Infrastruktur der alten Kreisstadt mitnutzend, mit Walkenried, Wieda und Zorge. Der Mann hat eben keine Ahnung oder weiß nicht, dass zwischen Walkenried und Bad Lauterberg 15 Kilometer und eine keineswegs optimale ÖPNV-Verbindung liegen.

Krönung der Veranstaltung war aber die kollektive Drohung, dass „wegen Corona“ alles noch schlechter werden wird. Wohlan denn: Dann bringt die geplante Fusion schon gar nichts und wir lassen es besser, weil die dann fusionierte Kommune sofort wieder vor der Pleite steht – und erneut fusionieren muss… Vielleicht sollten die Damen und Herren auf dem Podium mal die Ärmel hochkrempeln und sich für eine bessere Finanzausstattung der Kommunen einsetzen. Sogar Olaf Scholz hat das ja nun gerafft und geäußert, dass man gerade nach Corona die Finanzkraft der Kommunen stärken muss. In ihrer Einfallslosigkeit malen die Diskussionsteilnehmer unisono aber nur Corona als Schreckgespenst an die Wand – ein argumentatives Armutszeugnis.

Die Gegner einer Fusion sind keineswegs blind und taub. Sie blicken nur ganz realistisch auf das, was die bisherigen Fusionen (Auflösung des Kreises Blankenburg, Bildung der Samtgemeinde Walkenried, Auflösung des Kreises Osterode, Bildung der Einheitsgemeinde Walkenried) gebracht haben und sehen, dass Bürgerbeteiligung in immer weitere Ferne rückt. Bald haben wir hier in unseren drei Orten überhaupt nichts mehr selbst zu entscheiden.

Was sagte neulich eine betagte, aber noch sehr helle Bewohnerin? „Gut, dass das Kloster keine Räder hat. Sonst hätten sie uns das auch schon weggenommen!“ Recht hat sie.

Über Christian Reinboth

http://www.christian-reinboth.de

Diskussionen

2 Gedanken zu “Argumente der Fusionsgegner sind stichhaltig und verdienen gehört zu werden

  1. Den Flyer hätte ich geschrieben haben können, da alles drin vorkommt, was ich auch immer sage. Danke für den Flyer!
    Eine Fusion ist immer nur für den Stadtsäckel gut, für die Bürger nie – auch wenn das Gegenteil behauptet wird. Fusionen sind dazu da, um Geld zu bekommen und gleichzeitig Geld einzusparen, indem man Behörden etc. zusammenlegt und damit Personal spart. Das wurde ja auch bei der Runde erwähnt, daß das der Sinn wäre.
    Das Dilemma ist doch eher, daß es überall heißt, man müsse größer sein, nur dann bekäme man was. Ich sehe da eine Parallele zu den EU-Agrarsubventionen: Je größer der Hof / Anzahl der Tiere, desto mehr Geld gibt es. Die kleinen Bauern bekommen so gut wie nichts. Sie sind gezwungen, sich zu vergrößern, wenn sie nicht aufgeben wollen. Zu was das führt, sieht man ja.
    Hier ist es genauso: Geld gibt es nur, wenn man sich vergrößert. Aber warum? Warum kann man das Geld nicht an die kleinen Orte verteilen, ohne eine Fusion? Das Geld ist doch da. Warum erst, wenn man sich vergrößert? Das verstehe, wer will. Die Antwort ist wohl wieder: Mit Fusion kann man Einsparungen vornehmen (Zusammenlegen von Behörden etc. und damit verbundener Stellenabbau). Man müßte von daher alles von oben ändern. Dieses System, je größer, desto mehr Geld gibt es, müßte abgeschafft werden – in allen Bereichen!

    Was mich stört, ist, daß so geredet wird, als wäre eine Fusion die Lösung aller Probleme. Als wenn – sobald die Unterschriften für die Fusion getätigt sind – es auf einmal plopp macht und alle Probleme wären gelöst – und das, ohne auch nur den kleinen Finger zu rühren. Als wenn nur alleine durch den Akt der Fusion unsere Orte attraktiver wären, ohne irgendwas aktiv machen zu brauchen. Genau den Eindruck hat man. Aber dem ist nicht so. Man muß auch aktiv etwas tun, um attraktiv zu werden.

    Eine Idee hätte ich auch für Attraktivität, um nicht nur was „Böses“ zu sagen: Man könnte z.B. das Projekt „Jung kauft Alt“ einführen. Das ist sehr interessant.

    P.S.: Die Tatsache, daß wir den Ortsnamen von Bad Lauterberg annehmen müssen, zeigt, daß wir nur geschluckt werden sollen. Wäre es wirklich gleichberechtigt, dann hätte man sich für einen komplett neuen Namen entschieden.

    Verfasst von Maren | 2. Februar 2021, 08:47

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